Präambel
Die vorliegenden Leitlinien wurden von einer Projektgruppe der Gesellschaft für Medizinische Kräftigungstherapie (GMKT) überarbeitet, im Vorstand diskutiert und am 24.10.216 verabschiedet. Der Inhalt der Vorversion unserer Leitlinien vom 18.04.1999 bedurfte aufgrund der veränderten Rahmenbedingungen im Gesundheitswesen und praktischer therapeutischer Erfahrungen einer Aktualisierung.
Die GMKT ist eine internationale Fachgesellschaft. Sie hat den Zweck, die aktive muskulo-skelettale Rehabilitation auf wissenschaftlicher Grundlage zu verbreiten. Ebenso dient die GMKT dem Austausch wissenschaftlich-medizinischer Erfahrungen. Im Weiteren soll sie als Gesellschaft gegenüber Medien, Kostenträgern (Krankenkassen, Versicherungen), Patienten, medizinischen Standesorganisationen und interessierten Personen auftreten. Die GMKT hat keine Gewinnerzielungsabsicht, die Erstellung dieser Leitlinien wurde von keinen kommerziellen Interessen gefördert.
Folgende Gutachten wurden über die Medizinische Kräftigungstherapie erstellt:
- Prof. Dr. G. Rompe und Dr. G. F. Finkbeiner für den Berufsverband der Ärzte für Orthopädie
- Prof. Dr. med. W. Puhl für die Hauptverwaltung der Deutschen Krankenversicherung
- Prof. G. Tidow für die Universität Bochum
- Dokumentationsdienst der schweizerischen Akademie der Wissenschaften
Eine weitere Begutachtung erfolgte im Auftrag der Bundesärztekammer im Vorfeld der “Beschlüsse des Gebührenordungsausschusses der Bundesärztekammer vom 18.01.2002”, veröffentlicht im Deutschen Ärzteblatt am 18.01.2002.
Die GMKT ist die herausgebende Stelle des Zertifizierungssystems “Qualitätssiegel Medizinische Kräftigungstherapie”. In diesem Rahmen definiert und überwacht sie die Parameter von Struktur-, Prozess- und Ergebnisqualität und zertifiziert die Praxen, die den vorgegebenen Kriterien entsprechen.
Die vorliegenden Leitlinien basieren auf den “Consensus Guidelines for the Utilization of MedXTM Medical Testing and Excercise Machines in Spinal Rehabilitation Programs” eines Steering-Komitees aus Wissenschaftlern von mehreren Universitäten und Anwendern des MedX Systems 1997 in den USA.
Wesentliche Grundlage der vorliegenden Leitlinien sind neben der langjährigen Praxis aus Nordamerika die Erfahrungen aus über 100 Praxen für Medizinische Kräftigungstherapie in Europa. Eine Aktualisierung erfolgt, wenn neue wissenschaftliche Erkenntnisse bzw. eine Optimierung im Gerätebau dies erfordern. Jährlich wird die Aktualität dieser Leitlinien durch den Vorstand der GMKT geprüft.
Zuletzt aktualisiert am 04.05.2020
1. Ziele der Leitlinien
Erkrankungen des Rückens und der Wirbelsäule, sog. Dorsopathien, sind eine große medizinische und gesundheitsökonomische Herausforderung.
Dies ist begründet durch:
- die hohe Prävalenz dieser Erkrankungen
- den oft rezidivierenden bzw. chronischen Verlauf
- den hohen Anteil an Arbeitsunfähigkeit, Krankenhausaufenthalten und Frühberentungen
- die hohen direkten und indirekten Krankheitskosten
- das Fehlen verbindlicher Vorsorge- und Behandlungsstrategien
- den Zusammenhang dieser Erkrankungen mit dem Lebensstil des Patienten.
Es besteht ein wissenschaftlich eindeutig bewiesener Zusammenhang zwischen der Schwäche der tiefliegenden, wirbelsäulenstabilisierenden Muskulatur und den chronischen Rückenschmerz-Syndromen (s. Absatz 3). Eine gezielte Kräftigung der autochthonen Streckmuskulatur im Bereich von Hals- und Lendenwirbelsäule als Ergänzung zu einer allgemeinen Kräftigung der Rumpf- und Stützmuskulatur, führt in vielen Fällen zu einer Schmerzreduktion und Funktionsverbesserung. Seit 1988 erfolgt die praktische Umsetzung dieser Erkenntnisse in die Funktionsdiagnostik und Therapie von Wirbelsäulenerkrankungen. In vielen europäischen Ländern entstanden Behandlungszentren, teilweise unter Modifizierung der Methodik und der zum Einsatz kommenden Geräte. Ziel dieser Leitlinien ist es, einen Standard zur Sicherung von Behandlungsqualität, Wissenschaftlichkeit und Wirtschaftlichkeit bei der Anwendung des beschriebenen Verfahrens zu definieren und sicherzustellen. Diesem unterliegen insbesondere:
- Auswahlkriterien, Indikationen und Kontraindikationen
- Methodik und Therapieprotokolle
- Qualifikation und Fortbildung
- Einrichtung und technische Voraussetzungen
- Dokumentation
- Qualitätssicherung
Die Leitlinien schreiben keine festen Gebühren und Honorare vor. Unter den beschriebenen Voraussetzungen entsteht allerdings ein Korridor, innerhalb dessen Vereinbarungen mit den Betroffenen bzw. deren Kostenträgern liegen müssen, wenn Qualität und Wirtschaftlichkeit gewährleistet sein sollen. Dies kann die Basis länderspezifischer Rahmenvereinbarungen werden. Die Bindung an die vorliegenden Leitlinien erfolgt auf der Basis einer freiwilligen Selbstverpflichtung der einzelnen Anwender. Vor der Zertifizierung werden die Voraussetzungen des MKT-Anwenders durch einen Fragebogen und gegebenenfalls Vorort-Besuche von autorisierten Vertretern der GMKT geprüft. Ein geschütztes GMKT-Siegel gewährleistet Transparenz gegenüber Patienten und Kostenträgern.
2. Behandlungsziele, Abgrenzung, Definition
Die Medizinische Kräftigungstherapie gewährleistet eine sichere und reproduzierbare Funktionsdiagnostik auf der Basis gesicherter wissenschaftlicher Erkenntnisse und ermöglicht die effektive Behandlung zahlreicher Erkrankungen der Wirbelsäule und hiermit verbundener Krankheitsbilder. Sie ist eine ambulante Behandlungsform und erfordert die aktive Mitarbeit des Patienten.
Ziele sind die Verbesserung der Funktionalität und eine Schmerzreduktion durch:
- die Steigerung von Maximalkraft der autochthonen Wirbelsäulenextensoren über einen möglichst großen Bewegungsumfang
- den Abbau intramuskulärer Dysbalancen
- die Vergrößerung des Bewegungsumfanges der Wirbelsäule
- die begleitende Kräftigung der Rumpf- und Stützmuskulatur, z.B. Bauchmuskulatur
Diese Faktoren werden vor, während und nach einer Therapie dokumentiert und dienen der Objektivierung des Behandlungsergebnisses. Um von einer Medizinischen Kräftigungstherapie im Sinne dieser Leitlinien sprechen zu können, müssen die Daten dieser Faktoren zwingend erhoben werden können. Eine Therapiemethode kann als Medizinische Kräftigungstherapie (MKT) definiert werden, wenn folgende Kriterien der Struktur- und Prozessqualität erfüllt sind:
- ärztliche Indikationsstellung sowie Leitung der Therapie
- Eins-zu-eins-Überwachung durch einen zertifizierten Therapeuten
- Isolation der zu behandelnden autochthonen Wirbelsäulenmuskulatur
- Kompensation der Gravitation
- dynamisches konzentrisch / exzentrisches Training gemäß der physiologischen Kraftkurve
- isometrischer Maximalkrafttest in mindestens drei Messpositionen
- Funktionsdiagnostik und Kräftigung der Extensoren der Lenden- oder Halswirbelsäule
- Messung der Nettomuskelkraft durch Berücksichtigung der Weichteilspannung
- ergänzendes Training der rumpfstabilisierenden Muskulatur an technisch optimierten Geräten.
Übergeordnete Ziele sind
- Verbesserung der Aktivitäten und Teilhabe am täglichen Leben
- Erhaltung und Verbesserung der psychischen Integrität
- Vermeidung von Chronifizierungsprozessen
Der ideale MKT-Patient
Der ideale MKT-Patient geht aktiv mit seinem Rückenproblem um. Er bricht aus dem mitunter langjährigen, symptomatisch dominierten Therapiekreislauf aus und beugt so einer weiteren Chronifizierung der Krankheit vor. Er ist motiviert, eine wirksame Therapie durchzuführen, die objektiv und subjektiv gute Resultate liefert. Es bestehen keine Ansprüche auf Rentenbegehren oder andere Faktoren eines sekundären Krankheitsgewinns. Er ist interessiert daran, den Therapieerfolg über Jahre zu erhalten und bereit, nach Therapieende selbständig ein Krafttraining zu betreiben. Der ideale MKT-Patient verbessert seine Lebensqualität und schont dadurch auch langfristig das gesellschaftliche Gesundheitsbudget.
3. Auswahlkriterien, Indikationen und Kontraindikationen
Die Medizinische Kräftigungstherapie stellt eine äußerst wirksame Behandlungsform für Beschwerden unterschiedlicher Ausprägungsformen ausgehend von der Wirbelsäule dar. Im Folgenden werden stichpunktartig Auswahlkriterien, Indikationen wie Kontraindikationen und auch Behandlungskriterien dargestellt. Detaillierte Informationen zu aufgeführten Sachverhalten sind in weiterführender Literatur nachzulesen.
Grundlegend sind für die Medizinische Kräftigungstherapie zwei Anwendungsbereiche zu definieren:
zur Funktionsdiagnostik von LWS und HWS:
- vor Therapiebeginn zur Indikationsstellung
- als Therapie- und Erfolgskontrolle
- bei gutachterlichen Stellungnahmen für Dritte
- zur Leistungsdiagnostik
- als Screening-Instrument bei wissenschaftlichen oder arbeitsmedizinischen Fragestellungen
zur Behandlung:
- primär konservativ bei chronischen bzw. chronisch rezidivierenden HWS / LWS-Schmerzsyndromen unterschiedlicher Ätiologie und zur Vermeidung der Chronifizierung
- bei subakuten Krankheitsbildern von LWS / HWS minimal 4 Wochen nach Erstereignis als ultima ratio vor neurochirurgischen oder orthopädisch-chirurgischen Interventionen, sofern keine absolute OP-Indikation und keine Kontraindikationen zur MKT bestehen
- zur postoperativen Rehabilitation (nach Laminektomie / Disektomie frühestens 8 Wochen postoperativ, nach Wirbelkörper-Fusion frühestens 12 Wochen postoperativ nach gesicherter knöcherner Heilung)
- zur Individualprävention bei nachgewiesenen Risikofaktoren und beruflicher Exposition
Für die Indikationsstellung zur MKT müssen folgende Auswahlkriterien erfüllt sein:
- Der Patient ist ärztlich untersucht worden, Befunderhebung und Diagnosestellung nach ICD 10 oder ICF sind erfolgt.
- Die Symptomatik ist mit einer Funktionsbeeinträchtigung im Alltag des Patienten verbunden, bzw. es besteht dafür ein großes Risiko.
- Es liegt eine medizinische Behandlungsindikation vor, Absolute Kontraindikationen bestehen nicht.
- Der Patient ist für die aktive und anstrengende Behandlung motiviert, diese ist ihm zumutbar.
- Es sind individuelle Behandlungsziele formuliert worden.
- Diese Behandlungsziele können mit unspezifischen physikalischen bzw. medikamentösen Maßnahmen nicht dauerhaft erreicht werden, oder die Erkrankung war bislang therapieresistent.
- Der Patient zeigt bei der Initialen Funktionsdiagnostik einen Befund mit wenigstens zwei der nachfolgenden primären Kriterien bzw. ein primäres und beide sekundären Kriterien (Ausnahme: Kontraindikation der Funktionsdiagnostik):
Behandlungskriterien nach Funktionsdiagnostik von HWS bzw. LWS
Primäre Kriterien:
Eingeschränkter Bewegungsumfang (Range Of Motion = ROM) um mehr als 10 % eingeschränkter ROM bei Fehlen ursächlicher klinischer Gründe (WK-Fusion, alte Frakturen etc.) bzw. anatomischer Gründe wie ausgeprägter Adipositas.
Reduzierte Kraft in der Flexion. Das ermittelte Defizit in der maximal möglichen Flexion ist größer als 15 % des alters- und geschlechtsspezifischen, gewichtskorrigierten Normwertes.
Reduzierte Kraft in der Extension. Das ermittelte Defizit in der maximal möglichen Extension ist größer als 15 % des alters- und geschlechtsspezifischen, gewichtskorrigierten Normwertes.
Sekundäre Kriterien:
Intramuskuläre Dysbalance. Der Kraftkurvenverlauf weist im getesteten ROM bei wenigstens zwei Messpunkten eine Differenz von 20 % oder mehr des physiologischen Verlaufs auf.
Reduzierte Kraft in einer mittleren Messposition Das ermittelte Defizit in einer Position zwischen maximal möglicher Extension und Flexion ist größer als 15 % des alters- und geschlechtsspezifischen, gewichtskorrigierten Normwertes.
Indikationen:
1. Chronische bzw. rezidivierende bandscheibenbedingte als auch nicht bandscheibenbedingte Schmerzsyndrome der HWS und LWS:
- lokales Zervikalsyndrom
- zervikozephales Syndrom
- zervikobrachiales Syndrom
- zervikales Wurzelsyndrom
- lokales Lumbalsyndrom
- lumbales Facettensyndrom
- lumbales Wurzelsyndrom
- Spinalkanalstenose
2. Posttraumatische Zustände der Wirbelsäule mit chronischer bzw. rezidivierender Schmerzsymptomatik:
- konsolidierte Wirbelkörperfrakturen
- posttraumatisches Zervikalsyndrom (Beschleunigungsverletzungen der HWS)
3. Postoperative Zustände der Wirbelsäule nach neurochirurgischer oder orthopädischer Intervention:
6 Wochen nach endoskopisch oder minimalinvasiven Wirbelsäuleneingriffen sowie 3 Monate nach mikrochirurgischen und makrochirurgischen Eingriffen. Insbesondere bei folgenden Diagnosegruppen:
- Spondylolyse, Spondylolisthese
- Fehlstatik (z.B. Skoliose)
- Osteoporose
Kontraindikationen
Kontraindiziert ist die Therapie für alle Zustände, bei denen die knöcherne Stabilität nicht gegeben ist. Bei Unklarheit ist ein diagnostisches, bildgebendes Verfahren erforderlich.
Absolute Kontraindikationen:
- Neoplasma der Wirbelsäule bzw. Metastasen
- akute oder nicht konsolidierte / instabile Frakturen an der Wirbelsäule
- Spinale Infektionen
- Kaudasyndrom, radikuläre und medulläre Syndrome mit progredienten neurologischen Defiziten
- Aortenaneurysma
- Augen- oder Abdominalchirurgie 6 Wochen vor Beginn der MKT
- reduzierter Allgemeinzustand bei chronisch-konsumierenden Erkrankungen bzw. malignen Systemerkrankungen
- operative Wirbelsäuleneingriffe in der frühen postoperativen Phase (s. Seite 7).
Relative Kontraindikationen:
- frakturgefährdende, osteoporotische Zustände bzw. Osteomalazie
- akutes Nervenwurzelsyndrom
- entzündlich-rheumatische Erkrankungen im entzündlichen Schub
- Zustände, die eine Erhöhung des intraabdominalen Druckes verbieten
- Psychosen und Klaustrophobie
- Schwangerschaft
- schwere, nicht eingestellte Herz-Kreislauf-Erkrankungen (Hypertonie, KHK, Arrhythmien)
- schwere pulmonale Erkrankungen (Asthma bronchiale, COPD)
- mangelhafte Motivation auf Seiten des Patienten.
4. Qualitätssicherungs – Struktur-, Prozess- und Ergebnisqualität
Dieser Abschnitt beschreibt die Struktur-, die Prozess- und Ergebnisqualität. Wesentliche Aspekte einer gesicherten Qualität der Medizinischen Kräftigungstherapie wurden in diesen Leitlinien bereits genannt. Dazu zählen definierte Zugangskriterien sowie eine standardisierte Methodik und Dokumentation. Dieser Abschnitt beschreibt die Strukturqualität wie Einrichtung und technische Voraussetzungen, Qualifikation und Fortbildung des Personals und die Sicherung der Ergebnisqualität.
Strukturqualität: Einrichtung – Personal
1. Einrichtung und technische Voraussetzungen:
- wenigstens ein Gerät zur Testung und Therapie im LWS-Bereich entsprechend den Kriterien aus Abschnitt 2 (Die Mitgliedsbetriebe der GMKT arbeiten hier ausschließlich mit der LE oder auch IntensiveLumbarExtension und der CE, auch IntensiveCervicalExtension folgender Hersteller: MedX USA, Alfen Würzburg, spineconcept, Delphex Kräftigungstechnik, dynamix systems) sowie
- apparative Möglichkeit für ein Krafttraining wichtiger Gruppen der Rumpf- und Stützmuskulatur
- Großer Rückenmuskel
- Großer Brustmuskel
- Trapezmuskel
- Gerader Bauchmuskel
- Schräge Bauchmuskulatur
- Großer und mittlerer Gesäßmuskel
- Oberschenkelbeuger
- Oberschenkelstrecker
- Deltamuskel
- Deltamuskel
- separater ärztlicher Untersuchungsraum
- ausreichender Hygiene- und Sanitärbereich mit Garderobe und Duschen
- Die Trainingsgeräte erlauben ein Training über den gesamten Bewegungsumfang unter Berücksichtigung der physiologischen Kraftkurve
- Möglichkeit zum selbständigen Training an hierfür geeigneten Geräten zur aktiven Erhaltung des Therapieergebnisses
2. Personal, Qualifikation und Fortbildung
- Der Bereich Medizinische Kräftigungstherapie wird ärztlich geleitet.
- Der leitende Therapeut ist Physiotherapeut/Krankengymnast, Sportwissenschaftler oder Angehöriger eines Heilberufes (z.B. Medizinisch-technischer Fachangestellter)
- Arzt und leitender Therapeut sind Mitglied der GMKT.
- alle Therapeuten haben eine standardisierte Ausbildung nach den Anforderungen der GMKT erfolgreich für jeweils alle Therapiegeräte absolviert, die in der Praxis eingesetzt werden.
- Die Therapeuten haben ein einwöchiges Praktikum in einer seit mindestens einem Jahr bestehenden Praxis für MKT absolviert.
- die Ärzte verfügen über Kenntnisse der Medizinischen Kräftigungstherapie sowie der Geräte des Ergänzungsprogramms
- Ein Vertreter der Praxis nimmt nach Möglichkeit alle 2 Jahre an den stattfindenden Anwendertreffen oder Kongressen der GMKT teil.
- Die Entscheidung ob und an wen der Arzt eine Leistung delegiert, ob er den betreffenden Mitarbeiter ggf. besonders anzuleiten und wie er ihn zu überwachen hat, muss der Arzt von der Qualifikation des jeweiligen Mitarbeiters abhängig machen.
Prozessqualität: Therapieablauf und -dokumentation
Ein optimaler Behandlungserfolg am Patienten bedarf – wie die wissenschaftliche Evaluation und Qualitätssicherung – einer standardisierten Methodik und einer einheitlichen Terminologie.
Jeder MKT-Mitarbeiter muss deshalb folgende Fertigkeiten an den Geräten beherrschen:
- Kalibrierung der Geräte
- den Umgang mit PC, Software und Sicherung der Patientendaten
- die exakte Fixation der Patienten und die Modifizierungen der Einstellung
- die Ermittlung und Einstellung des Gegengewichts für Kopf / Oberkörper
- Test, Erweiterung und Einstellung des Bewegungsumfanges (ROM)
- die Ermittlung der Trainingszeit und des jeweiligen Trainingsgewichtes
- die Kontrolle der Trainings- bzw. Testausführung, optimale Patienteninstruktion
- die Auswertung und Interpretation der Ergebnisse
- die Instruktion an den Geräten des Ergänzungsprogrammes.
Isometrischer Maximalkraft-Test
Ein Test wird über den individuell möglichen ROM an mindestens drei Positionen durchgeführt:
- Das Einüben des Testablaufes durch ein Lernprocedere wird vor Durchführung des ersten Krafttestes empfohlen
- Maximalkraft-Test (Test nach 60 – 90 Sekunden Aufwärmen mit geringem Gewicht)
Empfehlung für das individuelle submaximale Pretest Training.:
ICE: Frauen: 90-120 in-lbf, Männer 105-129 in-lbf
ILE: Frauen: 40-50 ft-lbf, Männer 55-75 ft-lbf
Messungen in anderen Positionen sind bei speziellen Fragestellungen möglich. In der Regel werden Tests zu Beginn und zum Abschluss einer Therapieserie durchgeführt. Ausnahmen können Zustände sein, die den absoluten und relativen Kontraindikationen für eine MKT entsprechen. Der Bezug zu den Normwerten ist geschlechtsspezifisch, für die Lumbar-Extension zusätzlich altersspezifisch und gewichtskorrigiert. Es werden die Normalwerte der Universität von Florida, Center for Exercise sciences, zugrunde gelegt. Als Strength-Index (= SI) wird die Fläche unter der interpolierten Kraftkurve bezeichnet. Diese wird automatisch im Computer ermittelt und korreliert positiv mit den Kraftwerten der Messpunkte und dem Bewegungsumfang.
Dynamisches konzentrisch-exzentrisches Training (= dyn-max)
Das Training erfolgt:
- abhängig von der Diagnose und dem Ausprägungsgrad über den individuell definierten, schmerzfreien Bewegungsumfang (ROM)
- bis zur lokalen Erschöpfung der LWS / HWS-Extensoren
- unter Messung der Zeit unter Belastung
- im Mindestabstand von 48h
- submaximal, d.h. nicht bis zur lokalen Erschöpfung der LWS / HWS-Extensoren in der ersten Therapiesitzung (= dyn-submax).
Die GMKT gibt folgende Empfehlungen für die Therapiegestaltung in Bezug auf Zeitdauer, Intensität und Bewegungsumfang / ROM-Einschränkungen bei entsprechenden Krankheitsbildern. Diese können nach Maßgabe des therapieverantwortlichen Arztes individuell angepasst werden.
Ergänzungsprogramm (=EP)
Jede MKT umfasst neben der spezifischen Kräftigung der Wirbelsäulenextensoren ein begleitendes Training der Rumpf- und Stützmuskulatur. Dazu gehören:
- ein individueller Trainingsplan
- die Einbeziehung von mindestens 5 bis 6 großen Muskelgruppen
- die individuelle Überwachung des EP durch einen Therapeuten
- die Dokumentation der Geräte, der Einstellungen und der Trainingszeit
Nachkontrolle (= NK 12)
12 Monate nach Beendigung einer Therapie wird jeder Patient zu einer Nachkontrolle des Therapieergebnisses eingeladen. Dieses Vorgehen ist ein wichtiges Instrument zur Erhebung der Daten für die Auswertung der Ergebnisqualität und Langzeitwirkung der MKT. Erhoben werden dabei:
- subjektives Befinden: Fragebogen
- Bewegungsumfang: ROM-Ermittlung
- Isometrischer Maximalkraft-Test
Kombination mit anderen Therapieverfahren
Die MKT kann auch im Rahmen von multimodalen Therapiekonzepten eingesetzt werden.
Bedarfsweise kann es nach ärztlicher Bewertung erforderlich sein, mit gezielten schmerztherapeutischen Maßnahmen wie Chirotherapie, Manueller Therapie oder therapeutischer Lokalanästhesie (TLA) die MKT zu unterstützen oder überhaupt erst zu ermöglichen.
Therapieprotokoll
In Anlage 1 ist ein Beispielprotokoll beigefügt, welches die inhaltlichen Anforderungen der Dokumentation / der Protokollierung wiedergibt.
Ergebnisqualität – Ziele der Medizinischen Kräftigungstherapie
Das ideale Ergebnis der MKT ist ein Patient, der in seiner Funktion nicht mehr eingeschränkt ist, diese erheblich verbessert hat und beschwerdefrei ist, bzw. signifikant weniger Schmerzen hat. Das Kraftniveau der autochthonen Wirbelsäulenmuskulatur liegt in der Norm, die Beweglichkeit ist verbessert und der Patient bewegt und belastet sich wieder in einem normalen Bewegungsmuster. Dieses Ergebnis lässt sich objektivieren und bleibt nach Abschluss der Therapie bestehen. Der Betroffene hat einen aktiven Umgang mit seiner Krankheit erlernt.
Dauer der MKT
Die Erfahrungen mit dieser Therapie aus den letzten 25 Jahren in über 200 Therapiezentren erbrachte die Erkenntnis, dass die MKT i.d.R. mit 18 bis 25 Therapiesitzungen nachweislich zu den besten Ergebnissen führt. Mehr als 25 Sitzungen sind selten indiziert, bedürfen einer ärztlichen Begründung und sollten auch von den Kostenträgern geprüft werden.
Procedere nach der Medizinischen Kräftigungstherapie
Ein wesentliches Ziel der Therapie ist die langfristige Übernahme gesundheitlicher Eigenverantwortung seitens des Patienten. Während der MKT – unter ärztlicher Führung und therapeutischer Anleitung – hat er erfahren, dass er seinen Rücken wieder belasten kann und dies zur Konsolidierung des Behandlungsergebnisses auch muss. Für das weitere Vorgehen werden folgende Möglichkeiten empfohlen:
- Der Patient trainiert ein- bis zweimal pro Woche in einem gut geführten Krafttrainingszentrum an qualitativ hochwertigen Geräten nach sorgfältiger Instruktion. Der Arzt empfiehlt ein optimales Trainingsprogramm. Erfahrungen haben gezeigt, dass damit in den meisten Fällen das Therapieresultat über Jahre erhalten werden kann. Dies ist für die allgemeine Gesundheitsförderung eine attraktive Möglichkeit bei günstigem Kosten/ Nutzen-Verhältnis und geringem Zeitaufwand.
- Studien belegen, dass mit einer dynamischen Trainingseinheit alle 3 bis 4 Wochen für die LWS, resp. alle 2 Wochen für die HWS die Kraft der isolierten autochthonen Muskeln erhalten werden kann. Eine zeitlich attraktive Lösung, aber nur auf den Rücken beschränkt und finanziell aufwendig.
- Die Kombination eines regelmäßigen Krafttrainings ein- bis zweimal pro Woche mit einer dynamischen Trainingseinheit der autochthonen Wirbelsäulenmuskulatur als Erhaltungstherapie alle 3 bis 4 Wochen wird als optimal angesehen.
Qualitätszirkel
- Interne Qualitätszirkel: regelmäßige Treffen aller Praxismitarbeiter
- Vorstandssitzungen der GMKT
- GMKT-Kongress / Anwendertreffen
- GMKT-Mitgliederversammlung:
Diese Treffen dienen neben dem Informations- und Erfahrungsaustausch insbesondere der Bewertung der Ergebnisse der MKT. Die Qualitätszirkel werden standardisiert protokolliert.
Sicherung der Ergebnisqualität
Verantwortlich für die Qualitätssicherung der MKT ist der Vorstand der GMKT. Dieser bestimmt aus seinen Mitgliedern ein Gremium als Ansprechpartner. Der Vorstand informiert die Mitglieder der GMKT regelmäßig – mindestens aber einmal im Jahr – über die Tätigkeit im Berichtszeitraum. Folgende Instrumente stehen für die Sicherung der Ergebnisqualität zur Verfügung:
Innerbetrieblich
- kontinuierliche standardisierte Auswertung aller Behandlungsergebnisse
- 1x jährlich MKT-Statistik an den GMKT-Vorstand
- Analyse aller Therapieabbrüche und unerwünschten Therapiewirkungen
- Nachuntersuchungen 12 Monate nach Therapieende (NK 12)
- einheitliche Dokumentation und Methodik gemäß dieser Leitlinien
- interne Qualitätszirkel
außerbetrieblich
- Herausgabe eines Auditierungsbogens
- externe Qualitätssicherung
- regelmäßige Anwendertreffen
- Supervision in Betrieben, deren Behandlungsergebnisse auffällig sind
- kontinuierliche Auswertung wissenschaftlicher Veröffentlichungen und jährliche Prüfung der Aktualität dieser Leitlinien
- nationale und internationale Kommunikation und Kooperation mit wissenschaftlichen Gremien, medizinischen / ärztlichen Fachverbänden und standespolitischen Organen.
Abrechnung
Die Abrechnung erfolgt analog der amtlichen Bekanntmachung des Gebührenordnungsausschusses der Bundesärztekammer entsprechend er Veröffentlichung des deutschen Ärzteblattes (Jg. 99/Heft 3/ 18. Januar 2002). Sowie Deutsches Ärzteblatt 2012; 109 (49: A-2483/ B-2035/ C-1991).
Dokumentation
Alle nach diesen Leitlinien tätigen Zentren nutzen eine umfassende Dokumentation jeder einzelnen Therapiesitzung (sh. Anlage 1). Ein solcher Standard sichert die Qualität der MKT und ermöglicht darüber hinaus den Vergleich der Behandlungsergebnisse sowie das Zusammenfassen anonymisierter Patientendaten zur Ergebnisevaluation und wissenschaftlichen Begleitung. Im Einzelfall kann eine begonnene Therapie so ohne Informationsverlust in einem anderen Zentrum fortgesetzt werden. Grundsätzlich geschieht nichts ohne Dokumentation. Jeder Therapiebestandteil ist transparent und nachvollziehbar. Dies dient als Beleg wie auch für die Abrechnung, für die interne Qualitätssicherung und für die externe Supervision bei unerwartetem Behandlungsverlauf. Jede Patientenakte enthält alle wesentlichen Informationen und ermöglicht Ärzten und Therapeuten eine schnelle Information zu allen relevanten Fragen. Die Dokumentation wird kontinuierlich geführt und nach dem Ende der Behandlung für mindestens 10 Jahre aufbewahrt. Sie muss folgende Angaben beinhalten:
- alle wesentlichen Daten zur eindeutigen Patientenidentifikation sowie seiner therapierelevanten Diagnosen und ggf. Indikationseinschränkungen
- die Aufzeichnung der ärztlichen Befunddokumentation
- dem vom Patienten gegengezeichneten Aufklärungsbogen
- die Ergebnisse der Schmerzbefragung
- die Dokumentation aller durchgeführten Einzelmaßnahmen, aller Geräteeinstellungen und den Trainingsergebnissen
- Dokumentation des Ergänzungsprogrammes
- die Computerausdrucke der isometrischen Maximalkrafttests sofern durchgeführt;
- den Follow-Up-Fragebogen und den Befunden des isometrischen Maximalkrafttests 12 Monate nach Therapieende (NK 12)
- dem vollständigen zum Patienten geführten Briefwechsel mit Kostenträgern sowie Befunden von anderen Ärzten.
5. Wissenschaftliche Grundlagen
1991 haben Manniche et al. in einer prospektiven kontrollierten Studie belegt, dass mit einem Maximalkrafttraining der Lumbalextensoren 70 % des subjektiv empfundenen Schmerzes von chronischen Rückenpatienten reduziert werden kann. (Manniche et al.; Clinical trial of intensive muscle training for chronic low back pain; Lancet:1:1473-1476, 1988)
Die Lumbalextensoren können nur aufgebaut werden, wenn sie isoliert werden. Ohne Isolation werden die oberflächlichen Rumpfmuskeln, die ischiocruralen Muskeln und die Gesäßmuskulatur belastet. Die Bedingung der hochgradigen Isolation erfüllt zur Zeit nur die MedX-Technologie. (Graves et al.; Pelvic stabilization during resistance exercise training; its effect on the development of lumb ar extension strength;ARCHIVES OF PHYSICAL MEDICINEAND REHABILITATION, Vol. 75, Feb. 1994)
1992 konnte in einer Studie nachgewiesen werden, dass mit der Medizinischen Kräftigungstherapie an einem MedX-Lumbar-Extension-Gerät die Kraft der Rückenmuskulatur bei chronischen Rückenpatienten signifikant gesteigert wird. Diese Verbesserung der Kraft ging einher mit weniger Schmerzen und mit einer verbesserten physischen und psycho-sozialen Funktionalität. (Risch et al.; Lumbar strengthening in chronic low back pain patients, physiological and psychological benefits; SPINE; Vol. 18, No. 2, pp. 232-238, 1993)
Es wurde nachgewiesen, dass sich eine frische Kadaver-Wirbelsäule, welche von der stabilisierenden Muskulatur freipräpariert worden ist, bereits bei einer axialen Belastung von 2 kg verformt. (Panjabi et al.; Spinal stability and intersegmental muscle forces; SPINE Vol.14, No. 2, 1989)
In Minnesota wurden 895 Patienten, welche alle zuvor mindestens seit 2 Jahren an chronischen Lumbalbeschwerden litten und durchschnittlich 6 verschiedene Therapien (inklusive Operationen) durchlaufen hatten, einer Medizinischen Kräftigungstherapie an MedX-Geräten unterzogen. 76% dieser chronischen, Therapie-resistenten Patienten zeigten gute bis sehr gute Therapieresultate. In einer Nachkontrolle, 13 Monate später, zeigten 94 % dieser Patienten gleich gute oder sogar bessere subjektive und objektive Resultate als bei Therapieende. (Nelson et al.; The clinical effects of intensive, specific exercise on chronic low back pain; ORTHOPEDICS, Vol. 18, No. 10,1995)
Mit einem gezielten Training kann die Kraft und die Beweglichkeit der Nackenmuskulatur verbessert werden. Schmerzen werden dadurch signifikant reduziert. (Highland et al.; Changes in isometrie strength and range of motion of the isolated cervical spine after eight weeks of clinical rehabilitation; SPINE, Vol. 17, No. 65, 1992)
46 Patienten, bei denen die Indikation für eine Operation entweder an der HWS oder an der LWS gestellt wurde, sind einer intensiven Medizinischen Kräftigungstherapie unterzogen worden. 38 dieser Patienten konnten ein Jahr später nachkontrolliert werden, davon wurden nur 3 Patienten in der Zwischenzeit operiert. Kosteneinsparung pro Operation: ‘614 bis $ 112’480! (Nelson et al.; Can Spinal surgery be prevented by aggressive strengthening exercies? A prospective study of cervical and lumb ar patients; ARCHIVES OF PHYSICAL MEDICINEAND REHABILITATION, Jan. 1999)
Alte Menschen mit einem Durchschnittsalter von 90 Jahren haben mit einem Maximalkrafttraining des Quadriceps während 3 Monaten ihre Kraft um durchschnittlich 174 % gesteigert. Die Muskelmasse nahm um 9 % zu. Die Gehgeschwindigkeit und Gangsicherheit konnten wesentlich verbessert werden. (Fiatarone ef al.; High-intensity strength training in Nonagenarians; JAMA, Vol. 263, No. 22, 1990)
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